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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 28.01.2003
Aktenzeichen: 5 U 129/01
Rechtsgebiete: HGB
Vorschriften:
HGB § 89 b | |
HGB § 89 b Abs. 4 | |
HGB § 89 b Abs. 5 | |
HGB § 352 | |
HGB § 353 |
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet laut Protokoll am 28.01.2003
In dem Rechtsstreit
hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... und die Richter am Oberlandesgericht ... und ...
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 29. Oktober 2002
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 2. Mai 2001 verkündete Urteil der 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.253,87 € nebst 5 % Zinsen seit dem 1. Oktober 1998 zu zahlen.
Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird gestattet, die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Beide Parteien dürfen die Sicherheitsleistung durch eine schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts erbringen.
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt von der Beklagten eine Ausgleichszahlung gemäß § 89 b HGB für vermittelte Versicherungsverträge.
Für die Sparten Unfall-, Sach- und Kraftfahrzeug-Versicherungen schloss die Klägerin mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten am 10. Oktober 1994 einen schriftlichen Versicherungsvertretervertrag mit drei unterschiedlichen Provisionsvereinbarungen, die jeweils einer bestimmten "Agentur-Nummer" zugeordnet waren. Die Agenturen trugen die Nummern 5293, 5294 und 5415. Auf den Inhalt der Provisionsvereinbarungen (Bl. 17-19 d. A.) und auf die übrigen Vertragsbedingungen (Bl. 20-22 d. A.) wird Bezug genommen.
Die Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden nur: Beklagte) kündigte das Vertragsverhältnis mit Schreiben vom 29. Juni 1998 fristgerecht zum 30. September 1998.
Mit Schreiben vom 27. November 1998 machte die Klägerin einen Ausgleichsanspruch gemäß § 89 b HGB in Höhe von 12.175.810,-- DM geltend. Die Beklagte errechnete den Ausgleichsanspruch nach den sogenannten Grundsätzen, die in der Versicherungswirtschaft für die Ausgleichsansprüche der Versicherungsvertreter entwickelt worden sind (im Folgenden nur: Grundsätze). Sie kam dabei auf eine Summe von 638.099,-- DM. 620.000,-- DM zahlte sie an die Klägerin aus.
Die Klägerin hält die Grundsätze nicht für maßgebend. Sie hat ihre Provisionsverluste mit 18.755.847,19 DM beziffert. Dabei hat sie Prognosezeiträume von 25 Jahren für Unfall-, von 13 Jahren für Sach- und von 10 Jahren für Kraftfahrzeug-Versicherungen zugrunde gelegt. Diese Zeiträume hat sie aus angeblichen Stornoquoten von jährlich 3,99 % bei Unfall-, 7,33 % bei Sach- und 9,2 % bei Kraftfahrzeug-Versicherungen hergeleitet.
Sie hat gemeint, ein Vergütungsanteil für verwaltende Tätigkeit brauche aus den als Bestandspflegeprovisionen bezeichneten Folgeprovisionen nicht herausgerechnet zu werden, weil sie keine Verwaltungsaufgaben zu erfüllen gehabt habe.
Deshalb seien die vertraglich vereinbarten Bestandspflegeprovisionen in vollem Umfang ausgleichspflichtig.
Nach Abzinsung in Höhe von 4 % hat die Klägerin einen Rohausgleichsbetrag von 14.383.741,85 DM errechnet. Da der Ausgleichsanspruch gemäß § 89 b Abs. 5 HGB auf höchstens drei Jahresprovisionen begrenzt sei und sie im Jahresdurchschnitt Provisionen in Höhe von 4.058.603,-- DM erhalten habe, belaufe sich der Höchstbetrag auf 12.175.810,-- DM.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 12.175.810,-- DM nebst 5 % Zinsen seit dem 1. Oktober 1998 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ihre Berechnungsmethode nach den Grundsätzen weiterhin für zutreffend gehalten. Die Berechnung der Klägerin sei schon deshalb falsch, weil die Klägerin nicht dargelegt habe, in welcher Höhe die Bestandspflegeprovisionen eine Vergütung für die Vermittlung des jeweiligen Versicherungsvertrages enthielten. Die Klägerin habe in erheblichem Umfang Verwaltungstätigkeit ausgeübt, wie sich aus den von ihr - der Beklagten - vorgelegten Anlagen ergebe. Es handele sich dabei insbesondere um Besuchsberichte über Beratungs- und Betreuungsgespräche mit den Versicherungsnehmern, um Vertragsänderungen, um die Entgegennahme und Weiterleitung von Adressen-, Namens- und Kontoänderungen, von Bitten um Stundungen, Beitragsfreistellungen und Vertragsaufhebungen sowie von Schadensanzeigen; ferner um Begleitung der Schadensabwicklung u. a..
Außerdem betrage der Prognosezeitraum maximal vier Jahre. Mit zunehmendem Alter des Versicherungsbestandes steige die Stornoquote überproportional. Es müsse von Stornoquoten ausgegangen werden, die in den Bereichen Sach- und Unfallversicherungen bei 50 % und im Bereich Kraftfahrzeug-Versicherungen bei 25 % lägen. Ferner sei wegen der Liberalisierung des Versicherungsmarktes seit 1994 eine erhöhte Kundenabwanderung eingetreten. Im Übrigen seien nach Vertragsbeendigung bei ihr massenweise Kündigungen eingegangen, die häufig den gleichen Wortlaut gehabt hätten, so dass Abwerbung durch Mitarbeiter der Klägerin nahe liege.
Wegen weiterer Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird auf die vor dem Landgericht gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 2. Mai 2001 abgewiesen. Es hat u. a. ausgeführt, es komme auf die Frage, welche Teile der vereinbarten Bestandspflegeprovisionen ausgleichspflichtig seien, letztlich nicht an, weil die Beklagte die Berechnung des Ausgleichsanspruchs zu Recht nach den "Grundsätzen-Sach" vorgenommen habe.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 11. Mai 2001 zugestellte Urteil am 7. Juni 2001 Berufung eingelegt und hat das Rechtsmittel nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 5. September 2001 am 3. September 2001 begründet.
Die Klägerin wendet sich weiterhin gegen die Anwendbarkeit der Grundsätze. Sie greift auch die Auffassung des Landgerichts über die Abgrenzung von Vermittlungsprovisionen einerseits und Bestandspflegeprovisionen andererseits bei den Agentur-Nummern 5293 und 5415 an und meint, dass die Vereinbarungen unwirksam wären, wenn die Auslegung des Landgerichts zuträfe. Dazu verweist sie auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu der Aufteilung von werbender und verwaltender Tätigkeit zu je 50 % in Verträgen zwischen Mineralölgesellschaften und Tankstellenbetreibern. Im Übrigen wiederholt und vertieft die Klägerin ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Sie beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main, AZ.: 3/9 O 47/99, zu verurteilen, 6.225.392,80 € nebst 5 % Zinsen seit dem 1. Oktober 1998 an die Klägerin zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auch sie wiederholt im Wesentlichen ihre erstinstanzlichen Behauptungen und Rechtsansichten und verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 31. August 2001 (Bl. 877-909 d. A.) und vom 22. Oktober 2002 mit Anlagen (Bl. 955-1063 d. A.) sowie auf die Schriftsätze der Beklagten vom 8. April 2002 (Bl. 935-948 d. A.) und vom 26. November 2002 (Bl. 1076-1081 d. A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, aber nur in sehr geringem Umfang begründet.
I.
Die Beklagte hat schon nach dem unstreitigen Tatbestand des angefochtenen Urteils nicht die gesamte Summe an die Klägerin ausgezahlt, die sie selbst nach den Grundsätzen errechnet hat. Nicht beglichen ist ein Betrag von 18.099,-- DM = 9.253,87 €, denn nach der Berechnung der Beklagten (Anlage K 7 zur Klageschrift, Bl. 38 d. A.) standen der Klägerin 638.099,-- DM zu. Ausgezahlt hat die Beklagte aber nur 620.000,-- DM (S. 4 des erstinstanzlichen Urteils). Zwar hat die Beklagte in ihren Schriftsätzen unterschiedliche Zahlen angegeben, aber das beruhte offensichtlich auf Diktat- oder Schreibfehlern; denn sie hat die vom Landgericht als unstreitig behandelten Beträge im Berufungsverfahren nicht angegriffen, und sie hat auch dem Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung, dass der oben genannte Differenzbetrag noch nicht gezahlt sei, nicht widersprochen.
Der hierauf entfallende Zinsanspruch folgt aus §§ 352, 353 HGB.
II.
Ein weitergehender Anspruch steht der Klägerin nicht zu.
1. Allerdings ergibt sich das nicht aus einer vermeintlichen Verbindlichkeit der Grundsätze für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs. Gegen den Willen des Versicherungsvertreters können die Grundsätze nicht angewendet werden (vgl. u. a. OLG Frankfurt am Main - 8. Zivilsenat -, NJW/RR 1996/548). Ob das anders wäre, wenn der Vertretervertrag der Parteien eine entsprechende Vereinbarung enthielte, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn auch die Beklagte behauptet nicht, dass es eine solche Zusatzvereinbarung gebe.
Das Landgericht hat jedoch zutreffend entschieden, dass der Versicherungsvertreter die Beweislast dafür trägt, wie sich die Folgeprovisionen zusammensetzen (Apschluss-Folgeprovisionen einerseits und Verwaltungsprovisionen andererseits), wenn er einen Ausgleichsanspruch geltend macht, der über den nach den Grundsätzen errechneten Anspruch hinausgeht (vgl. Küstner/von Manteuffel/Evers, Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Bd. 2, 6. Aufl., im Folgenden nur: "Küstner", Rn. 1564).
2. Berechnet man den Ausgleichsanspruch auf der Grundlage des von den Parteien vorgetragenen Streitstoffs nach § 89 b HGB, so scheitert ein weitergehender Anspruch der Klägerin schon daran, dass höhere Provisionsverluste (§ 89 b Abs. 1 S. 1 Ziff. 2 HGB) als nach der Berechnung der Beklagten nicht festzustellen sind.
a) Zwischen den Parteien besteht kein Streit darüber, dass bei der Errechnung der Provisionsverluste, die der Handelsvertreter infolge der Vertragsbeendigung erleidet, Provisionsanteile für verwaltende Tätigkeit außer Ansatz bleiben. Damit scheiden bei den Agentur-Nummern 5293 und 5415 von vornherein sämtliche Bestandspflegeprovisionen aus der Berechnung aus; denn hier haben die Parteien ausdrücklich eine Unterscheidung zwischen Abschlussprovisionen und Verwaltungsprovisionen getroffen.
Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, enthalten die Provisionsvereinbarungen für die genannten Agentur-Nummern zwei getrennte Spalten mit unterschiedlichen Provisionssätzen für "Abschlussprovision im ersten Jahr bei Verträgen mit einer Laufzeit von 5 bis 10 Jahren" einerseits und "Bestandspflegeprovision ab dem zweiten Jahr sowie bei Verträgen mit kürzeren Laufzeiten" andererseits (Bl. 18 u. 19 d. A.). Damit haben die Parteien festgelegt, dass bei Versicherungsverträgen mit einer Laufzeit von 5 oder mehr Jahren in den Folgeprovisionen keine Vergütungsanteile für den Abschluss der jeweiligen Versicherungsverträge enthalten sein sollen.
Zwar hat der Bundesgerichtshof schon mehrfach entschieden, dass es nicht ausschließlich auf die Bezeichnung der gezahlten Folgeprovision ankommt (vgl. u. a. BGH NJW 1959/1430, 1432; BGH VersR 1963/556; BGH NJW 1971/462, 463). Entscheidend ist danach die besondere vertragliche Gestaltung im konkreten Einzelfall und die Handhabung der Parteien während des Vertragsverhältnisses. Aber die Bezeichnung ist, wenn es hierauf - nicht allein ankommt, jedenfalls ein gewisses Indiz, und Bestandspflege ist begrifflich in erster Linie verwaltende Tätigkeit (vgl. Küstner a.a.O., Rn. 771).
Darüber hinaus ist die vertragliche Regelung bei den beiden genannten Agentur-Nummern eindeutig. Denn neben den oben wiedergegebenen Überschriften zu den beiden Spalten für die unterschiedliche Provision heißt es unter der Überschrift "Provisionsbestimmungen": "Im ersten Jahr vergüten wir die obige Abschlussprovision in voller Höhe nach der Zahlung der ersten Prämie ..... Die Bestandspflegeprovision setzt bei der ersten Zahlung des Kunden nach dem zwölften Monat ein".
Danach können in den Bestandspflegeprovisionen keine Anteile mehr für eine noch nicht voll abgegoltene Abschluss- oder Vermittlungsprovision enthalten sein, weil diese bereits im ersten Jahr in voller Höhe vergütet wurde.
Aus der praktischen Handhabung während des Vertragsverhältnisses ergibt sich nichts anderes, denn hieraus können im vorliegenden Fall keine Rückschlüsse auf den Parteiwillen gezogen werden. Die Klägerin kommt nur deshalb zu der Ansicht, dass sie keine nennenswerten Verwaltungstätigkeiten auszuführen gehabt habe, weil sie eine der wichtigsten Bestandspflegetätigkeiten - die Abwehr von Stornogefahren - zur werbenden Tätigkeit zählt. Stornoabwehr ist jedoch typischerweise verwaltende Tätigkeit (vgl. Küstner wie vor, Rn. 696 u. 697; OLG München BB 1993/1754). Nach der Passage, die die Klägerin auf Seite 17 ihres Schriftsatzes vom 22. Oktober 2002 aus dem Urteil des Kammergerichts vom 6. März 1964 zitiert hat (abgedruckt in VersR 1964/1295 ff.), ist auch dort die gleiche Auffassung vertreten worden. Schon aus der Zielrichtung der Abwendung von Stornogefahren wird deutlich, dass es sich um erhaltende und nicht um eine auf Vermittlung eines Neuabschlusses gerichtete Tätigkeit handelt.
b) Zu Unrecht spielt die Klägerin die Bedeutung der Stornoabwehr herunter, wenn sie vorträgt, auch insoweit habe sie kaum etwas tun müssen. Es mag - zwar zutreffen, dass bei Unfall- und Sachversicherungen ein - im Vergleich zu anderen Versicherungssparten - höheres Maß an Bestandsfestigkeit herrscht. Aber dabei ist zu bedenken, dass durch die starke Zunahme der in Testzeitschriften veröffentlichten Vergleiche von Tarifen und Leistungen der Versicherungsgesellschaften und durch das ständig wachsende kritische Bewusstsein aller Verbraucher, zu denen letztlich auch Versicherungsnehmer zählen, von Jahr zu Jahr die Gefahr steigt, dass ein Kunde nach Ablauf der festen Vertragszeit kündigt, weil er ein günstigeres Angebot gefunden hat. Das hat im vorliegenden Fall besondere Bedeutung, weil die Klägerin mit Prognosezeiträumen von 25 Jahren (Unfallversicherung) und 13 Jahren (Sachversicherungen) rechnet.
Mit einer Kündigung fügt sich der Versicherungsnehmer bei diesen Versicherungen - im Gegensatz zur Kapital-Lebensversicherung - auch keinen Nachteil zu, weil er bei längeren Vertragsverhältnissen keine zusätzlichen Ansprüche erwirbt.
Erst recht ist die Fluktuation bei den Kraftfahrzeug-Versicherungen angestiegen, was auch in Zukunft verstärkt zu erwarten ist.
c) Auch weitere Bestandspflegetätigkeiten, die die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 18. Januar 2000 aufgezählt hat (Bl. 189-192 d. A.) und auf die die Klägerin auf Seiten 24-26 ihrer Berufungsbegründung eingeht (Bl. 900-902 d. A.), gehören entgegen der Auffassung der Klägerin überwiegend zur verwaltenden Tätigkeit und sind Musterbeispiele für Bestandspflege (Besuche bei Versicherungsnehmern und darüber verfasste Berichte, Entgegennahme und Weiterleitung von Änderungsmitteilungen, Schadensanzeigen u. ä.). Nur in den Fällen, in denen der Versicherungsvertrag erweitert wurde, handelte es sich um vermittelnde Tätigkeit, aber das hat nichts mit der Bestandspflegeprovision für den ursprünglich abgeschlossenen Vertrag zu tun.
d) Die Klägerin kann nichts daraus herleiten, dass ihr in dem Vertretervertrag weder die Kundenkontakte noch die Stornoabwehr noch sonstige Verwaltungstätigkeiten ausdrücklich zugewiesen worden sind. Denn es versteht sich von selbst, dass solche Tätigkeiten zu den Aufgaben eines Versicherungsvertreters gehören. Ebenso wie die allgemeine Hilfsbereitschaft gegenüber den Versicherungsnehmern gelten sie auch ohne besondere Erwähnung als stillschweigend vereinbart. Sie werden bereits vom Begriff der Bestandspflege erfasst.
e) Es trifft auch nicht zu, dass die ausdrückliche Trennung zwischen der Abschlussprovision, die im ersten Jahr in voller Höhe gezahlt wird, und der anschließenden Bestandspflegeprovision eine Fiktion sei, die ebenso behandelt werden müsse wie die Aufteilung von je 50 % auf werbende und verwaltende Tätigkeit in Verträgen zwischen Mineralölgesellschaften und Tankstellenbetreibern. Die dortige Vertragsgestaltung ist mit der vorliegenden nicht vergleichbar.
In den Tankstellenverträgen hatten die Parteien die einzige Provision, die der Tankstellenbetreiber für seine gesamte Tätigkeit erhielt, ohne Bezug zu einzelnen Elementen dieser Tätigkeit abstrakt je zur Hälfte der Vermittlung einerseits und der Verwaltung andererseits zugeordnet. Das wirkte willkürlich und wurde deshalb vom Bundesgerichtshof als Verstoß gegen § 89 b Abs. 4 HGB behandelt.
Dagegen wurden im vorliegenden Fall, soweit es die Agentur-Nummern 5293 und 5415 betrifft, für den Abschluss und für die Bestandspflege verschiedene Provisionssätze vereinbart. Für einen sachlichen Bezug zur Realität spricht hier auch, dass als Abschlussprovision deutlich höhere Sätze vereinbart wurden als für die Bestandspflege. Bei der Agentur-Nummer 5415 waren es 35 % für den Abschluss und 20 % für die Bestandspflege; bei der Agentur-Nummer 5293 sogar 120 % für den Abschluss gegenüber 20 % für die Bestandspflege. Für solche Fälle entnimmt Küstner dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 4. Mai 1959 (BGH NJW 1959/1430) die Auffassung, dass grundsätzlich dann, wenn die als Abschlussprovision bezeichnete Provision höher ist als die Folgeprovisionen, davon auszugehen sei, dass es sich bei letzteren ausschließlich um Verwaltungsprovisionen handele (Küstner a.a.O., Rn. 764).
f) Etwas anderes gilt für Verträge mit kürzerer Laufzeit als fünf Jahre, denn für solche Verträge sahen die Agentur-Nummern 5293 und 5415 nur eine einheitliche Provision vor. Ein Provisionssatz ist nur in der Spalte für Bestandspflegeprovisionen vorgesehen. Darin müsste auch ein Anteil für die Vermittlung dieser Verträge enthalten sein. Wie hoch der hierauf entfallende Anteil ist, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Sie ist hierfür darlegungs- und beweispflichtig (Küstner, Rn. 1564; BGH NJW 1971/462; OLG München a.a.O.).
Selbst wenn man aus der Aufteilung der Provisionssätze bei längeren Laufzeiten und aus dem Tatsachenvortrag der Klägerin, der undifferenziert alle Verträge betrifft, Rückschlüsse auf den angemessenen Provisionsanteil für die Vermittlungstätigkeit bei den kürzeren Verträgen ziehen könnte, würde das nicht weiterführen, weil die Klägerin in ihrer Berechnung des Ausgleichsanspruchs nur nach den versicherten Risiken, nicht aber nach Laufzeiten unterschieden hat. Der Senat hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass unter diesen Umständen die Schätzung eines auf die kurzzeitigen Verträge entfallenden Ausgleichsanspruchs unmöglich ist.
g) Das Gleiche gilt für die Agentur-Nummer 5294. Dort haben die Parteien ebenfalls nur eine einheitliche Provision vereinbart. Auch insoweit ist in der mündlichen Verhandlung erörtert worden, dass eine gesonderte Behandlung der unter diese Agentur-Nummer fallenden Verträge nicht möglich ist, weil die Klägerin in ihrer gesamten Berechnung und in ihrem sonstigen Vorbringen keine Zuordnung zu den verschiedenen Agentur-Nummern vorgenommen hat.
h) Eine Sonderstellung nehmen auch die Unfallversicherungsverträge mitjährlicher dynamischer Erhöhung ein. Insoweit hat die Klägerin eine separate Berechnung vorgenommen (S. 28-30 der Berufungsbegründung = Bl. 904-906 d. A.). Hier käme ein Ausgleichsanspruch für die Vermittlung der in den Versicherungsverträgen vereinbarten Dynamik-Erhöhungen in Betracht, die auch nach Beendigung des Vertretervertrages weiter stattfinden; denn bei Fortsetzung des Vertrages hätte die Klägerin auch eine entsprechend steigende Folgeprovision erhalten. Aber selbst wenn es aufgrund der gesonderten Berechnung der Klägerin für diese Vertragsart in Verbindung mit dem beiderseitigen Parteivorbringen zur Art der von der Klägerin verrichteten Tätigkeiten möglich wäre, den Vermittlungsanteil zu schätzen, der bei Fortbestand des Vertrages in der jeweils durch die Dynamik erhöhten Folgeprovision enthalten gewesen wäre, würde sich am Ergebnis nichts ändern. Denn selbst die Summe aller Jahresbeträge, die die Klägerin - einschließlich des Bestandspflegeanteils - für die Unfallversicherungen mit dynamischer Steigerung errechnet hat, liegt immer noch weit unter dem Betrag, den die Beklagte bereits an die Klägerin gezahlt hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2, 97 Abs. 1 ZPO, und die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeitfolgen aus §§ 708 Ziff. 10, 711, 108 Abs. 1 ZPO.
Die Revision gegen dieses Urteil war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO n. F. nicht vorliegen.
Ende der Entscheidung
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